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Mit der Entwicklung von intelligenter Automatisierung sind die ethischen Aspekte heute wichtiger als je zuvor

Roland Alston, Appian
September 4, 2018

Todd Lohr, Leiter f¸r Technology Enablement & Automation bei KPMG

Glaubt man dem Hype, ist intelligente Automatisierung etwas Schlechtes und ¸berall wimmelt es von voreingenommenen Algorithmen ñ und niemanden scheint es zu interessieren.

Aber mˆglicherweise ist es zu fr¸h, die gesellschaftsvertr‰gliche Automatisierung f¸r tot zu erkl‰ren.

In Wahrheit steigen die ethischen Erwartungen schneller als je zuvor. Es hat sich herausgestellt, dass 76% aller Verbraucher keine Gesch‰fte mit einer Firma machen w¸rden, die Ansichten unterst¸tzt, welche mit deren eigenen ‹berzeugungen in Konflikt stehen.

Um den Erwartungen standzuhalten, relevant zu bleiben, das Vertrauen von Verbrauchern zu gewinnen und die besten Mitarbeiter zu finden und zu halten, reagieren grofle Marken auf die Forderung nach ethisch korrektem Handeln.

Google hat beispielsweise entschieden, einen neuen Verhaltenskodexf¸r k¸nstliche Intelligenz einzuf¸hren.

Amazon hat beschlossen, eine bessere Governance f¸r Gesichtserkennungstechnologie zu implementieren.

Und Microsoft hatden US-Kongress aufgefordert,klare Regeln daf¸r zu schaffen, wo und wie intelligente Technologie verwendet werden darf.

Das heiflt konkret: Wenn intelligente Automatisierung in Ihrem Unternehmen eine Rolle spielt, sollten Sie vielleicht auch ¸ber die ethischen Aspekte nachdenken.

Wie kˆnnen F¸hrungspersonen in einem Zeitalter, in dem intelligente Automatisierung immer rasanter w‰chst, die Forderung nach ethisch korrektem Handeln umsetzen?

Expertenwissen hilft.

Deshalb sprechen wir heute mit Todd Lohr, Leiter f¸r Technology Enablement & Automation bei KPMG.

Er leitet f¸r KPMG die Prozessautomatisierung in den USA, wozu Gesch‰ftsprozessmanagement, Robotic Process Automation und kognitive Technologien gehˆren.

Appian hat mit Todd Lohr ein Interview gef¸hrt und ihn zu den ethischen Aspekten im Zeitalter intelligenter Automatisierung befragt.

Wir hoffen, dass Ihnen dieses Gespr‰ch wissenswerte Informationen bieten kann.

Appian: Derzeit sprechen alle ¸ber die Technologie hinter der explosionsartigen Entwicklung intelligenter Automatisierung. Aber Sie haben auch die ethische Seite untersucht, also die menschliche Perspektive bei diesem Thema?

Lohr:

Wir konzentrieren uns bei KPMG auch auf die menschliche Seite der digitalen Transformation.Und einer der wichtigsten Bereiche f¸r Mitarbeiter in F¸hrungsebenen ist der ethische Einsatz von KI und intelligenter Automatisierung.

Wissen Sie, wenn Sie dem Hype Glauben schenken, sind 50% aller Arbeitspl‰tze durch intelligente Automatisierung bedroht. Dabei kommt die wichtige Frage auf, was das f¸r die arbeitende Bevˆlkerung und die Gesellschaft bedeutet?

Und welche sozialen Verpflichtungen man als leitende F¸hrungskraft hat, wenn man seine Belegschaft durch diesen disruptiven Wandel f¸hren mˆchte?

Der andere Bereich, in dem ich mich spezialisiert habe, ist Technologiekonvergenz.

https://twitter.com/tjlohr/status/1027265679815131136

Problemlˆsung durch Kombination von Technologien

Appian:Neben der Ethik in der Technologie haben Sie sich auch im Bereich Technologiekonvergenz spezialisiert. Kˆnnen Sie das f¸r jemanden, der nicht aus diesem Bereich kommt, erkl‰ren?

Lohr:

Unternehmen nutzen heute nicht mehr einzelne Technologien, um eine gesch‰ftliche Herausforderung zu meistern. Sie fragen sich vielmehr, wie man mehrere Technologien kombinieren kann, um Probleme zu lˆsen und Gesch‰ftsmˆglichkeiten zu nutzen.

So, wie Appian das im Grunde mit seiner Low-Code-Plattform f¸r die schnelle Entwicklung von Anwendungen macht. Die Lˆsung basiert auf einem System, das es erlaubt, Technologien wie Robotic Process Automation mit Blue Prism zu kombinieren und Google mithilfe von APIs aufzurufen, die maschinelles Lernen ermˆglichen.

So lassen sich durch den Einsatz von immer mehr Technologien, die aufeinander abgestimmt sind, zunehmend komplexere Probleme lˆsen. Es gibt also eine Art von Konvergenz auf dem Markt, bei der die Dinge wirklich zusammenlaufen und leistungsstarke Lˆsungen ergeben.

Die menschliche Seite der Automatisierung

Appian: Apropos Lˆsung komplexer Probleme. Wie zuversichtlich sind Sie, dass die obere F¸hrungsebene der CXOs den Wandel steuern kann, der infolge der intelligenten Automatisierung auf die Belegschaft zukommen wird?

Lohr: Ich vertrete da in der Regel eher eine utopische Sichtweise. Wir sprechen viel ¸ber Automatisierung und intelligente Automatisierung. Dabei vergessen wir die Tatsache, dass menschliche Arbeit in vielerlei Hinsicht erg‰nzt werden wird.

Appian: Was meinen Sie mit ÑErg‰nzung"? Und wie wird sich das auf die zuk¸nftige Arbeit auswirken?

Lohr: Sie werden feststellen, dass Automatisierung neue Formen von Arbeit und Wertschˆpfung schafft. F¸r Unternehmen bedeutet diese Entwicklung, dass eine Verschiebung stattfinden wird und die Menschen f¸r hˆherwertige Arbeiten eingesetzt werden.

Mitarbeiterressourcen f¸r hochwertige Aufgaben verf¸gbar machen

Lohr: Wir haben das bei der Industriellen Revolution erlebt, wir haben es bei der Automatisierung in Fabriken erlebt und es passiert jetzt bei der Wissensarbeit. Automatisierung ist per se nichts Neues. Aber sie erreicht nun auch die Jobs von Leuten, die dachten, es w¸rde sie nicht betreffen. Das liegt daran, dass die meisten von uns in einer Zeit aufgewachsen sind, in der man wusste, dass die Stellen in der Fertigungsindustrie automatisiert werden, nicht aber die Schreibtischjobs.

Das bedeutet aber auch, dass Automatisierung Kapazit‰ten freigibt, um mehr wertschˆpfende Aufgaben zu erledigen. Unternehmen werden ihre Gesch‰ftsmodelle anpassen und einen schnelleren und besseren Kundenservice bereitstellen. So erhalten Sie mehr n¸tzliche Informationen ¸ber Ihre Vertriebskan‰le und Betriebsmodelle sowie das allt‰gliche Management im Gesch‰ftsbetrieb.

Hat Ihre Belegschaft die F‰higkeiten, die f¸r Ihren Unternehmenserfolg notwendig sind?

Appian: Mit welchen schwierigen Herausforderungen sollten leitende Mitarbeiter bei diesem disruptiven Wandel rechnen? Und welche wichtigen Fragen m¸ssen F¸hrungskr‰fte aus Business und IT beantworten kˆnnen?

Lohr: Die Herausforderung besteht darin, dass man seine Belegschaft dahingehend betrachtet, ob man die richtige Kombination aus F‰higkeiten und Talent hat.

Automatisierung wird in f¸nf bis zehn Jahren fest zum gesch‰ftlichen Alltag gehˆren. Bieten Ihre Mitarbeiter dann auch die F‰higkeiten, die Ihr Unternehmen braucht?

Der Bedarf an kreativen Mitarbeitern wird zunehmen, es werden mehr persˆnliche Interaktionen stattfinden und Sie brauchen Ressourcen, um einzelnen Kunden einen persˆnlich auf deren Anforderungen zugeschnittenen Kundenservice bieten zu kˆnnen. Diese ƒnderungen werden in vielen Branchen auf breiter Ebene zu beobachten sein.

Appian: Und es werden nicht nur die typischen traditionellen Arbeiterstellen sein, die sich ver‰ndern, es wird auch die Angestellten in den B¸ros treffen.

Lohr: Ja! Schauen Sie sich nur mal an, was vor 10 Jahren mit dem Outsourcing passierte, als plˆtzlich Pseudo-B¸rostellen betroffen waren, zum Beispiel im Bereich der Dateneingabe.

Aber intelligente Automatisierung entwickelt sich sehr rasant und wird in Zukunft auch Juristen, Mediziner und Berater betreffen.

Ich mache ja im Grunde nichts anderes, oder?

Ich sammle viele Informationen, nehme sie auf und stelle f¸r meine Kunden Hypothesen auf. Und diese Aufgabe kann eigentlich auch intelligente Automatisierung erledigen.

Sie werden also den disruptiven Wandel in jeder Branche erleben, in der Wissensarbeit geschieht, vor allem im Dienstleistungsbereich.

Die g‰ngige Meinung war immer, dass diese Art von Automatisierung nur f¸r die Fertigung von Produkten relevant ist.

Sind Sie bereit f¸r den Wandel in der Belegschaft?

Appian: Denken Sie, dass die F¸hrungskr‰fte ausreichende Vorkehrungen f¸r die Disruption der Belegschaft treffen? Steht dieses Thema ganz oben auf ihrer Priorit‰tenliste?

Lohr: Bei einigen schon, denke ich. Aber allgemein w¸rde ich eher zu Nein tendieren.

Grob gesagt denke ich, dass einige Unternehmen nicht auf die Folgen der intelligenten Automatisierung vorbereitet sind. Ich meine insbesondere k¸nstliche Intelligenz, maschinelles Lernen und all die aufstrebenden Technologien, die in den n‰chsten f¸nf bis zehn Jahren auf uns zukommen werden.

Appian: Es klingt, als w¸rden Sie ¸ber eine relativ kurze Zeitspanne von ein paar Jahren sprechen, aber nicht von Jahrzehnten?

Lohr: Genau das sage ich immer zu Gespr‰chspartnern mit F¸hrungsverantwortung. Es wird noch passieren, solange wir uns im Arbeitsleben befinden. Und wir m¸ssen darauf vorbereitet sein.

Ich glaube, es herrscht immer noch die Meinung vor, dass k¸nstliche Intelligenz Science Fiction sei. Die Menschen reden seit 50 Jahren ¸ber k¸nstliche Intelligenz.

Und sie schauen auf die letzten 20 Jahre zur¸ck und sagen: ÑDieses Thema kam vor mehreren Jahrzehnten auf und seitdem hat sich nicht wirklich etwas getan."

Die letzten 20 Jahre sind kein Maflstab f¸r die n‰chsten f¸nf

Das Problem dabei ist, dass KI derzeit ein enorm starkes Wachstum hinlegt.

Wenn Sie sich also die letzten 20 Jahre anschauen, ist das ¸berhaupt kein Indiz daf¸r, was in den n‰chsten f¸nf Jahren passieren wird, weil wir einen Wendepunkt der exponentiellen Wachstumskurve erreicht haben.

Neue Technologien ¸bernehmen immer schneller Marktanteile.

Appian: Das ist eine gute ‹berleitung zum Thema Bildung, denn wir stellen uns die Frage: Wie kˆnnen wir zuk¸nftige Arbeitskr‰fte besser aus- und weiterbilden und auf diese Entwicklung vorbereiten? Lehren unsere Schulen und Universit‰ten die richtigen F‰higkeiten f¸r die Jobs der Zukunft?

Lohr:

Unsere Schulen lehren derzeit Stoff f¸r die Jobs der heutigen Zeit und die Jobs von gestern. Doch Sch¸ler werden nicht f¸r die Arbeitspl‰tze von morgen ausgebildet.Die grˆflte Herausforderung lautet deshalb: Wie schnell kˆnnen wir diese Situation umkehren?

Ich denke, leitende Mitarbeiter und Entscheidungstr‰ger haben das Konzept verstanden. Aber ich weifl nicht, ob sie wirklich auf das Tempo vorbereitet sind, in dem dieser Wandel stattfinden wird.

Und ich bin mir auch nicht sicher, ob die Menschen wissen, wie weitreichend die Auswirkungen sein werden und welche Folgen diese Entwicklung f¸r ihre Gesch‰fts- und Betriebsmodelle haben wird.

Chatbots ¸bernehmen die Kundenbetreuung

Appian: Kommen wir noch einmal auf die menschlichen Aspekte der intelligenten Automatisierung zur¸ck. Wie wird die intelligente Automatisierung Ihrer Meinung nach das Kundenerlebnis beeinflussen? Und wie wird sich dadurch die Interaktion der Unternehmen mit ihren Kunden und Klienten ver‰ndern?

Lohr:

Interaktionen im Kundenservice werden heute ñ im Vertrieb und in der Kundenbetreuung ñ immer h‰ufiger durch intelligente Systeme und Automatisierung in Form von digitalen Assistenten wie Alexa und Google unterst¸tzt.

Die Leute werden Dienstleistungen in Zukunft anders nachfragen. Bis vor Kurzem lautete das Motto noch Self-Service. Jetzt verschiebt sich das Ganze zu Spracherkennung als nat¸rlichster aller Schnittstellen.

Appian: Es wird auch jede Menge Wirbel um den zunehmenden Einsatz von Chatbots im Kundenservice gemacht.

Lohr:Ja, man trifft auf diesem Markt immer h‰ufiger auf Chatbots. Auflerdem gibt es immer mehr Technologien, die Automatisierung vorantreiben.

Es gibt aber heute einen Unterschied zu fr¸her. Wenn Unternehmen damals ihre Kundencenter analysierten und ¸berlegten, wie man noch mehr Vorteile daraus ziehen kann, gab es zwei mˆgliche Betrachtungsweisen: Was kostet das? Und wie kˆnnen wir den Fokus auf Kundenservice, Treue und den langfristigen Wert eines Kunden legen?

In der Regel f¸hrte eine Kostenreduzierung in diesem Bereich zu einer Verschlechterung des Kundenservice, richtig?Hier hat mittlerweile eine Kehrtwende stattgefunden. Automatisierung verbessert den Service und ermˆglicht personalisiertere Self-Service-Optionen zu einem Bruchteil der Kosten ñ von Mitarbeitern, die in Echtzeit verf¸gbar sind, ohne dass Kunden 20 Minuten in der Warteschleife h‰ngen.

Diese Entwicklung wird die Wirtschaftlichkeit dieses Bereichs ver‰ndern.

Automatisierung & gesellschaftliche Verantwortung

Appian: Zu Beginn haben Sie ¸ber die ethischen Aspekte der intelligenten Automatisierung gesprochen. Ich w¸rde gerne noch einmal aus Sicht der Entscheidungsfindung darauf zur¸ckkommen. Welche Leitlinien w¸rden Sie den CXOs mitgeben, um ihnen dabei zu helfen, bessere Entscheidungen beim Thema Arbeitsautomatisierung zu treffen?

Lohr: Ich denke, viele Unternehmen haben bereits Leitlinien und eine Firmenphilosophie zur unternehmerischen Entscheidungsfindung. Allerdings vermisse ich die Umsetzung dieser Vorgaben beim Einsatz von Technologien.

Ich neige dazu, den ethischen Aspekt von Automatisierungsentscheidungen genauso zu betrachten wie Ñgr¸ne" Initiativen und ihre Auswirkungen auf Unternehmensentscheidungen. Da gibt es eigentlich keinen Unterschied.

Appian: Das klingt nach einem Ansatz, bei dem ein Unternehmen Verantwortung zeigt.Lohr:

Ja. Unternehmen werden Automatisierungstechnologien dahingehend betrachten, wie diese Arbeitskr‰fte ersetzen oder erg‰nzen kˆnnen oder wie sie die Struktur der Belegschaft grundlegend ver‰ndern kˆnnen.Viele Firmen werden ¸ber ihre unternehmerische Verantwortung nachdenken, weil Studien zeigen, dass Verbraucher nur mit gesellschaftlich verantwortungsbewussten Unternehmen Gesch‰fte machen mˆchten und werden.

Denken Sie nur an die Social Media, die heute den Alltag bestimmen. Und jetzt stellen Sie sich die Empˆrung bei Twitter vor, wenn Ihr Unternehmen beschlieflt, 10.000 Mitarbeiter durch Roboter zu ersetzen. Vielen Unternehmen haftet dieser negative Ruf bereits an und ich glaube, sie werden in Zukunft viel verantwortungsbewusster in der Gesellschaft damit umgehen m¸ssen.

Der digitale Wandel und die Folgen f¸r Arbeitskr‰fte

Appian: Also sagen Sie, dass nicht nur wirtschaftliche ‹berlegungen die Automatisierung vorantreibenÖ

Lohr:

Viele leitende F¸hrungskr‰fte sagen zu mir, dass sie sich daf¸r verantwortlich f¸hlen, ihre Mitarbeiter durch den digitalen Wandel zu begleiten.

Groflkonzerne werden Programme einf¸hren, um ihre Belegschaft neu auszurichten. Und sie stellen sich Fragen, z.B.: Wie ‰ndere ich meine Sichtweise auf die F‰higkeiten der Mitarbeiter in meinem Unternehmen?

Mit welcher Strategie kann ich die Menschen auf neue Arbeitsbereiche vorbereiten? Wie k¸mmere ich mich um Arbeiter, die betroffen sein werden?

Ich denke, es wird in groflen Unternehmen zu vielen solcher Diskussionen kommen.

Wenn Sie also ¸ber die Ethik der k¸nstlichen Intelligenz nachdenken, gibt es definitiv eine Art gesellschaftliche Verantwortung.

Verordnungen und ihre Risiken

Appian: Ich habe viele Berichte gesehen, in denen thematisiert wurde, dass der Groflteil der heute existierenden Aufgaben durch Technologien automatisiert werden kann. Was bedeutet das f¸r die Wirtschaft und die Gesellschaft im Allgemeinen, falls es so weit kommt?

Lohr: Zuerst w¸rde sich die grundlegende Struktur in jedem Unternehmen ‰ndern. Es h‰tte grofle Auswirkungen auf unsere Gesellschaft als Ganzes. Und wenn sich die Unternehmen nicht langsam darum k¸mmern, werden sich meiner Ansicht nach Regierungen einschalten, um das Tempo des Wandels zu drosseln, und um Regulierungen durchzusetzen, wie die in Europa diskutierte Verordnung zur Steuerautomatisierung.

Diese Art von Regulierung w¸rde die Wirtschaftlichkeit ver‰ndern und den Automatisierungsgrad verlangsamen. Ich glaube, Sie werden noch mehr Beispiele f¸r diese Denkweise in den USA finden.

Appian: In diesem Zusammenhang gibt es eine Denkrichtung, die sich darauf konzentriert, die ethischen Bedenken zu untersuchen, die sich durch den Einfluss von Ñbiased data", also voreingenommenen Daten, bei KI und maschinellem Lernen ergeben. Was sagen Sie dazu?

Lohr:

Ja, es gibt ethische Bedenken in Hinblick auf Ñbiased data" in der KI. Wie kann man es zum Beispiel verhindern, dass KI und maschinelles Lernen keine Vorurteile oder Stereotype ¸bernehmen? Es gibt auch Bedenken dahingehend, wie man KI monetarisiert und demokratisiert, damit sie am Ende nicht von einigen wenigen gesteuert wird.

Das sind einige der Themen, die meiner Meinung nach derzeit bei den meisten F¸hrungskr‰ften auf Resonanz stoflen.

Vor allem stellt sich die Frage, welche Verantwortung ich meinen Mitarbeitern gegen¸ber habe, wenn ich grofle Teile meiner Belegschaft automatisieren mˆchte?

Wie begleite ich meine Talente durch diese Entwicklung? Was kann ich als F¸hrungskraft tun, um mein Unternehmen bei diesem Prozess zu unterst¸tzen?

Die grˆflten Automatisierungsirrt¸mer

Appian: Was sind bei Ihren Gespr‰chen mit Mitgliedern der F¸hrungsebene die grˆflten Irrt¸mer beim Thema intelligente Automatisierung?

Lohr: Der wahrscheinlich grˆflte IrrtumÖich w¸rde zuerst einmal sagen, dass es jede Menge Hype auf dem Markt gibt. Damit w¸rde ich anfangen.

Wir betrachten intelligente Automatisierung nicht als Einzeltechnologie, sondern eher als Spektrum oder Kontinuum von Technologien ñ von einfacher, auf Regeln basierender Automatisierung bis hin zu wahrer k¸nstlicher Intelligenz.

Und ich glaube, es wird komplizierter, wenn man bedenkt, welche Technologien es hier und jetzt bereits gibt und was noch auf uns zukommt.

Es gibt zum einen Robotic Process Automation, was derzeit in aller Munde ist. Und die Leute fangen an, das zu verstehen.Appian: Was bedeutet das und wie passt maschinelles Lernen dort hinein? Und wie passt KI in Ihre Strategie f¸r intelligente Automatisierung?

Lohr: Das f¸hrt in gewisser Weise zum Spektrum-Konzept. Wir nennen es intelligente Automatisierung.

Aber der Marktplatz ist voll von Technologien, die gar nicht so super intelligent sind.Viele dieser Technologien nutzen eher traditionelle, auf Regeln basierende Automatisierung. Sie sind nur in den letzten Jahren besser geworden.

Das Dilemma der Softwareauswahl

Appian: Eine der grˆflten Herausforderungen f¸r F¸hrungspersonen ist es, den Hype zu durchbrechen und die richtige Software auszuw‰hlen. Die richtige Entscheidung bestimmt im Endeffekt, ob sie erfolgreich sind oder scheitern werden.

Lohr:

Es gibt Tausende Anbieter auf dem Markt der intelligenten Automatisierung. Es sind heute so viele, dass wir einen Algorithmus f¸r maschinelles Lernen entwickelt haben, um die Firmen im Bereich maschinelles Lernen im Internet nachzuverfolgen (lacht).

Wir haben also einen Index f¸r Automatisierungstrends, der den Marktplatz f¸r uns beobachtet, denn wir kˆnnen mit dem Tempo und den Ver‰nderungen auf dem Markt gar nicht mithalten.

Und das macht alles aber auch komplizierter. Denn es gibt verschiedene Technologien mit unterschiedlichen F‰higkeiten und dann ‰ndert sich auch noch st‰ndig etwas. Oder anders formuliert: Sobald Sie eine Strategie entwickelt haben, ist sie schon nicht mehr aktuell.

Appian: Wie geht man am besten damit um? Wie kann eine F¸hrungskraft herausfinden, was wirklich notwendig ist, um der Zeit voraus zu sein?

Lohr: Ich glaube, die grofle Herausforderung liegt darin, die Technologien zu verstehen, die es hier und jetzt schon gibt. Man sollte darin investieren und sie wie ein Portfolio verwalten. Mit anderen Worten: Hier ist mein Portfolio aus disruptiven Technologien. Und so wird es sich auf mein Gesch‰fts- und Betriebsmodell auswirken.

Das sind meine Pl‰ne f¸r verschiedene Zeitfenster in der Zukunft. Folgende Maflnahmen werde ich kurzfristig im Hinblick auf Disruption ergreifen. Und diese Strategien sind f¸r die kommenden drei Jahre geplant.

Zeit f¸r eine neue Automatisierungsstrategie

Appian: Wir haben dar¸ber gesprochen, dass F¸hrungsmitglieder eine ethische Richtschnur brauchen, wenn sie in intelligente Automatisierung investieren mˆchten. Aber Sie haben auch gesagt, wir m¸ssten unsere Sichtweise auf die Technologie grundlegend ‰ndern. Was meinten Sie damit?

Lohr:

Wir bewegen uns von einem System, in dem Menschen Technologie zur Automatisierung von Arbeit entwickeln, hin zu einem System, in dem Menschen Technologie zur Schaffung von Technologie entwickeln, die wiederum Arbeit automatisiert.

Und das ist der transformative Mehrwert einer grundlegend neuen Sichtweise auf Technologie und Automatisierung.

Angenommen, Sie w¸rden heute sagen: ÑTodd, diese Abteilung soll automatisiert werden." Ich w¸rde ein paar Leute mitbringen. Und wir w¸rden eine Reihe von Systemen entwickeln.

Wir w¸rden die erforderlichen Technologien konfigurieren. Wenn Sie vorhaben, ins Ausland zu gehen, w¸rden wir eine Lˆsung entwickeln, um auch das zu automatisieren.

Wir betrachten die Automatisierung also heute aus der Perspektive, wie Menschen Technologien entwickeln.

Spulen wir mal ein paar Jahre vor. Nun werde ich eine Desktop-Software installieren, mit der sich die Arbeit aller Mitarbeiter nachverfolgen l‰sst.

Schritt f¸r Schritt lernt die Software, was Sie machen. Und irgendwann wird die Software Ihre Arbeit erg‰nzen.

Sie wird sagen: ÑTodd, ich glaube, das ist der n‰chste Schritt." Und ich sage, Ja. Und ich helfe der Software beim Lernen. Sechs Monate sp‰ter kann die Software diese Aufgabe dann automatisieren.

Unsere Aufgabe als Technologie-Experten wird also darin bestehen, diese Technologie zu entwickeln. Und die Aufgabe der Technologie besteht darin, die Automatisierung aufzubauen.Und das ist die grundlegende Ver‰nderung, mit der die Transformation beschleunigt wird.

Maschinelles Lernen: Der n‰chste grofle Trend

Appian: Kommen wir zur letzten Frage. Wenn Sie auf das Jahr 2018 und auf die kommenden Jahre blicken, auf welche groflen Trends sollten Mitglieder der F¸hrungsebene achten?

Lohr: In der Regel ist es so, dass echte Akzeptanz etwa ein Jahr nach dem Hype einsetzt. So war 2017 beispielsweise der Hˆhepunkt im Hype um Robotic Process Automation.

Und heute kˆnnen wir beobachten, dass die meisten groflen Unternehmen RPA f¸r die Optimierung von operativen Prozessen einsetzen und so vor allem Kosten im Backoffice einsparen.

2018 ist das Jahr des Chatbots.

Deshalb werden Sie gegen Ende des Jahres und 2019 beobachten kˆnnen, wie ein Groflteil der Unternehmen den Kundenservice oder die Vertriebskapazit‰ten grundlegend umgestaltet ñ und zwar in digitaler Form mit Alexa oder Google bzw. intelligenten Interaktionen, wie wir es nennen.

Dar¸ber hinaus werden 2020 und 2021 die Jahre sein, in denen Technologie auf Basis von maschinellem Lernen breite Akzeptanz findet.

Und Sie werden feststellen, dass maschinelles Lernen in allen Bereichen Ihres Unternehmens Einzug findet.

Mehr von Todd Lohr

Wenn Sie mehr dar¸ber erfahren mˆchten, wie Sie das Optimum aus der intelligenten Automatisierung herausholen, hˆren Sie sich den folgenden Podcast an, in dem Top-Experten interessante Ans‰tze diskutieren:

    • Todd Lohr, Leiter, Technology Enablement & Automation bei KPMG,

    • Neil Ward-Dutton, Forschungsleiter bei MWD Advisors

    • Anne McClelland, Vice President, Global Technology Partnerships bei Blue Prism

    • Malcolm Ross, Vice President, Product Marketing bei Appian.

[podcast id="15597734" text="Introduction to Intelligent Automation - A Strategy Based on RPA, BPM and AI Technologies"]